Rechtsfreie Räume

Die Redaktion möchte in Juristerei, Journalismus und Wissenschaft beschäftigten Menschen folgendes Projekt aufdrängen: eine Liste mit Dingen, die in Deutschland zwar verboten sind, aber nicht bestraft werden.

In Dresden etwa stellt die Polizei ihr Blitzgerät in einer Dreißiger-Zone so ein, dass Autos erst ab 43km/h überhaupt erfasst werden. Man wolle „den Autofahrern Luft zum Atmen lassen“. Die Differenz zwischen der Rechtslage und der Rechtspraxis sind hier 13 km/h, die zuständige Behörde gönnt damit den Autofahrern mehr Freiheit. Dafür bezahlen die anderen Verkehrsteilnehmer mit weniger Sicherheit.

Ein schöneres Beispiel ist die Straffreiheit von Cannabis in kleinen Mengen. Der Besitz ist zwar verboten, wird aber meistens nicht bestraft. Und überhaupt wird aus Gründen der Verhältnismäßigkeit vieles kaum verfolgt, was streng genommen verboten ist. Meistens kommt es dann auch noch darauf an, wer da etwa mit dem E-Roller auf dem Gehweg unterwegs ist – schwarzhaariger Jugendlicher oder posher Manager.

Vielleicht gibt es dazu schon detaillierte Forschung, ansonsten muss man das nachholen. Denn zu jedem Regelverstoß, der als Bagatelle behandelt wird, gibt es irgendwo ein Bagatelldelikt, das als die Gesellschaft bedrohende Straftat behandelt wird. Deshalb sollte es zu jedem Politiker, der keine „rechtsfreien Räume dulden“ will, einen Wissenschaftler geben, der ihm genau aufzeigt, welche rechtsfreien Räume dieser Politiker eben doch gerne duldet.

Die Redaktion gründet deshalb hiermit das Institut für rechtsfreie Räume (IRR). Sobald üppige Fördergelder fließen, werden hier die ersten Stellenangebote erscheinen. Unsere erste Publikation wird „Wer darf was?“ heißen und eine umfangreiche Auflistung von rechtsfreien Räumen einerseits und unverhältnismäßig stark verfolgten Gruppen und Delikten andererseits enthalten. Von Wortspielen mit unserem Kürzel bitten wir abzusehen.